Christoph Bommer, Daniel Brönimann
Genügt Methodenkompetenz um genrell Projekte erfolgreich führen zu können, oder sind weitere Fähigkeiten gefragt? Wenn ja, welche?
Projektmanagement ist im Grunde nichts anderes als das Organisieren von Menschen, die gemeinsam eine Aufgabe erledigen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Projektmanagement umfasst im Wesentlichen das Initiieren, Planen, Steuern, Kontrollieren, Abschliessen und Kommunizieren dieser meist komplexen Vorhaben. Das Führen von Projekten ist also eine vielseitige Aufgabe.
Um dieser vielfältigen Aufgabe gewachsen zu sein, haben sich mit der Zeit etliche Teildisziplinen und passende Lösungsmethoden herauskristallisiert. Will man als Projektleiter erfolgreich sein, tut man gut daran, sich diese Kenntnisse anzueignen. Dabei wird man von verschiedenen Ausbildungen und Zertifizierungen wie IPMA oder PMI unterstützt. IPMA selbst kennt inzwischen 133 Kompetenzindikatoren, gruppiert in 28 Kompetenzen und zeigt damit eindrucksvoll wie vielfältig das Projektmanagement inzwischen ist.
Lässt sich Projektmanagement soweit abstrahieren, dass diese Kenntnisse ausreichen, um Projekte generell erfolgreich zu führen?
Die Methodenkompetenz ist sicherlich eine notwendige und hilfreiche Grundlage, das Geschehen rund um die Projektführung zu verstehen und geeignet organisieren zu können. Aus unserer Sicht fehlen aber zwei wesentliche Essenzen: Domänenwissen und Eignung.
Domänenwissen
Jedes Projekt ist eingebettet in seinem eigenen Fachgebiet. So ist es ein Unterschied, ob man beispielsweise ein Projekt im Umfeld der Energieversorgung oder im Bereich der Softwareentwicklung leitet. Natürlich sind beides Projekte und haben dadurch in der Abwicklung viele Gemeinsamkeiten, wie beispielsweise Projektphasen, Meilensteine, Planung oder Projektorganisation.
Einschätzungen setzen Erfahrung im Fachgebiet voraus und können nicht delegiert werden. Schliesslich sitzt man als Projektleiter oft selbst in Sitzungen oder teilt Ressourcen für die Lösung eines Problems zu und priorisiert entsprechend. Nicht selten beginnen Themen nur leicht zu schwelen und können bei richtiger Einschätzung frühzeitig eingedämmt und gelöst werden. Häufig entstehen solche Einschätzungen aus Erfahrung und aus dem Bauch heraus. Fehlt das Domänenwissen, fehlt auch die Erfahrung in der Domäne und somit das wertvolle Bauchgefühl. Wird dem sich anbahnenden Problem mangels Domänenwissen und Bauchgefühl zu wenig Beachtung geschenkt, kann sich dieses zu einem Brandherd entwickeln. Diesem dann wieder Herrn zu werden bedeutet oft unnötigerweise viel Aufmerksamkeit, Zeit und Ressourceneinsatz.
Domänenwissen hilft also mögliche Schwierigkeiten im Projekt zu antizipieren, richtig einzuschätzen und ist somit für den Projekterfolg relevant.
Projektleitertyp
Nun zum Thema Eignung: Es gibt nicht „den guten Projektleiter“, der alle Projekte gut leiten kann, denn Projekte sind einmalig und haben unterschiedliche Anforderungen an den Typ Projektleiter.
So gibt es unabhängig von den Projektmanagementkompetenzen Projektleiter, die viel besser mit Risiken und Ungewissheiten umgehen können als andere. Diese persönlichen Charaktereigenschaften sind beispielsweise bei neuen, komplexen und innovativen Projekten sehr hilfreich, wo nicht nur die Anforderungen unklar sind, sondern auch die Einflussgrössen und damit die Machbarkeit. Ein solcher Projektleiter würde sich kaum wohlfühlen in einem Projekt, in welchem enge und klare Vorgaben vorliegen und die Machbarkeit nicht zur Frage steht, sondern der Zeitplan und die Kostenposition im Fokus stehen.
Dazu ein Vergleich zwischen Kanu fahren im Wildwasser und Riemenrudern auf dem See: In beiden Fällen handelt es sich um ein offenes Boot und mit je einem Ruder. Während beim Wildwasserfahren Agilität und Intuition gefragt sind, braucht es beim riemenrudern Präzision und Koordination. Tauschen die Ruderer ihr angestammtes Terrain, werden sie nicht mehr erfolgreich sein, weil sie Ihre Stärken nicht entfalten können. Genauso verhält es sich mit den Projektleitertypen.
So gibt es Projekte, die eine Fortsetzung einer bestehenden Arbeit sind, wie beispielsweise eine nächste Softwareversion eines bestehenden Produktes. Es gibt aber auch Projekte, die etwas Erstmaliges erschaffen und eine Innovation umsetzen. So verschieden wie diese Projekte sind, so verschieden sind die Schwerpunkte, die es zu meistern gilt: schliesslich ist es ein Unterschied, ob man auf bestehende Strukturen zurückgreifen kann (Organisation, Prozesse, Werkzeuge, …) oder ob man neue Wege beschreiten und engagiert Hürde für Hürde aus dem Weg räumen muss. Dasselbe gilt für Projekte, die eher nach innen gerichtet sind und interne Themen umsetzen oder Projekte, die nach aussen gerichtet sind und eine hohe Interaktion mit den Kunden und Sublieferanten verlangen. Auch diese Unterschiede bedingen unterschiedliche Eigenschaften des Projektleiters, denn so einmalig die Projekte sind, so einmalig muss auch der passende Projektleiter sein.
Es ist also wichtig, dass der Projektleiter als Typ zu den Anforderungen des Projektes passt.
Fazit
Gute Methodenkompetenz heisst noch lange nicht, dass man generell Projekte gut leiten kann. Um insbesondere Risiken frühzeitig und richtig einschätzen zu können ist Domänenwissen unabdingbar. Zudem gibt es unterschiedliche Projekttypen, für die man die notwendige Eignung mitbringen muss. Sind aber Methodenkompetenz, Domänenwissen und Eignung vorhanden, steht dem Projekterfolg nichts mehr im Weg.